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Betriebsratsarbeit 4.0

Wie Betriebsräte neue Medien nutzen können

Kommunikation ist ein unerlässliches Kernstück der Betriebsratsarbeit. Der Austausch mit der Geschäftsführung muss genauso funktionieren wie die Abstimmung mit den KollegInnen im Gremium. Das Wichtigste ist aber, dass der Betriebsrat die Belegschaft erreicht – und die Belegschaft den Betriebsrat. Wie das funktioniert, weiß Selma Schacht, Betriebsratsvorsitzende der Wiener Kinder- und Jugendbetreuung: „Uns ist die Kommunikation mit den MitarbeiterInnen sehr wichtig. Dafür nutzen wir alle möglichen Medien: klassische gedruckte, wie Infomappen für alle Neuangestellten oder die Zeitung, klassisch-digitale, wie einen monatlichen Mail-Newsletter und Info-SMS, bis hin zu den Neuen Medien wie unsere Facebook-Seite.“ Zusätzlich stellt das Gremium auf der Betriebsratswebsite Veranstaltungstipps, Neuigkeiten von der Gewerkschaft, aber auch verschiedene Themenpapiere zur Verfügung, etwa zur Arbeitszeitverkürzung oder zum Streikrecht. „Gerade während des Streiks war es toll und wichtig, auf vielen Wegen mit Informationen zu den KollegInnen wie auch an die Öffentlichkeit gehen zu können“, erzählt Schacht.

Der richtige Weg ist das halbe Ziel

Damit der Informationsaustausch funktioniert, müssen Betriebsräte die richtigen Kommunikationskanäle wählen. Ein allgemein-gültiges Rezept dafür gibt es nicht. Was aber feststeht, ist, dass Betriebsräte mit der Zeit gehen müssen, um wirklich alle KollegInnen zu erreichen. „Neue Medien sind schlichtweg der Weg, um vor allem mit jungen MitarbeiterInnen in Kontakt zu treten, aber auch zu bleiben“, erzählt Andreas Horak, Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrats beim Samariter-Bund Wien. „Wichtige Infos können in Sekundenschnelle ausgetauscht und übermittelt werden. Sie sind kostengünstig und mittlerweile kann sie so ziemlich jeder, der im Arbeitsleben steht, bedienen oder zumindest daraus Informationen beziehen.“ Die Kombinationsmöglichkeiten der Neuen Medien sind nahezu unbegrenzt. Die entscheidende Frage bei der Wahl der richtigen Kanäle muss lauten: Was ist meiner Zielgruppe wichtig?

Gibt es mehrere Zielgruppen, muss es auf diese Frage auch mehrere Antworten geben. Wie ein Kanalmix für mehrere Zielgruppen in der Praxis aussehen kann, schildert Markus Simböck, Betriebsratsvorsitzender im Krankenhaus Braunau: „Im Haus nutzen wir SharePoint, geben unsere Betriebsratszeitung heraus, machen Betriebsversammlungen. Für uns als Betriebsrat haben wir eine interne WhatsApp-Gruppe, mit Facebook gehen wir mehr in die Breite.“ Die Facebook-Seite hat der Betriebsrat vor zwei Jahren eingerichtet, weil sich das Gremium weiterentwickeln wollte. „Die Leute sagen uns immer wieder, dass sie unsere Seite klass finden – vor allem, weil es eine aktuelle, eine dynamische Seite ist“, erzählt Simböck. Gleichzeitig weiß er genau, dass eine Facebook-Seite den nach wie vor wichtigsten Kommunikationskanal nicht ersetzen kann: das persönliche Gespräch. „Die Facebook-Seite ist trotzdem nur ein Beiwerk. Die direkte Arbeit mit den Leuten bleibt viel wichtiger.“

Aktiv sein, kreativ sein

Dennoch sind Neue Medien mittlerweile etabliert und es ist kaum vorstellbar, dass sie wieder verschwinden: Zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung nutzen WhatsApp, mehr als die Hälfte hat ein Facebook-Konto, fast alle haben ein Smartphone. Neue Medien sind kostengünstig oder gratis, schnell und unkompliziert. Und sie bieten einfache Möglichkeiten, sich orts- und zeitunabhängig auszutauschen und kontinuierlich über die eigene Arbeit zu berichten. Wenn ein Betriebsrat immer wieder Artikel zu den ihm wichtigen Themen postet und auf Anfragen und Kommentare reagiert, zeigt er, dass er aktiv ist, und lädt zur Kontaktaufnahme ein.

Wo früher ein großer Aufwand getrieben werden musste und hohe Kosten anfielen, können heute mit dem Smartphone einfach und schnell ansprechende und abwechslungsreiche Inhalte produziert werden. Das weiß auch das Betriebsratsteam des oberösterreichischen Getränkeherstellers Spitz. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, hat der Betriebsrat zusätzlich zur eigenen Website und dem monatlichen E-Mail-Newsletter eine Facebook-Seite eingerichtet, auf der selbst produzierte Videos und Fotos von der Betriebsratsarbeit veröffentlicht werden. „Aus meiner Sicht ist es gerade im Zeitalter des Smartphones, Laptops und so weiter nur so möglich, schnell und ansprechend ein breites Publikum zu erreichen“, meint der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Roland Pascher.

Zuerst denken, dann posten

 Einfach irgendwelche Inhalte ins Netz zu stellen, ist jedoch keine gute Idee. Wer kommuniziert, sollte auch die Regeln kennen – und einhalten. Wenn ein Betriebsrat ein für den Kollegen unvorteilhaftes Foto von der letzten Weihnachtsfeier auf die Facebook-Seite stellt, wenn er Mails verschickt, in denen er den Chef als Affen bezeichnet, wenn er Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse auf Twitter veröffentlicht, dann läuft etwas falsch. Denn die goldene Regel des Internets lautet: Das Internet vergisst nicht. Auch wenn eine Äußerung nur in den Kreis der privaten Kontakte gepostet wird, kann sie von allen EmpfängerInnen weiterverteilt werden. Und auch wenn ein Beitrag gleich wieder gelöscht wird, kann zuvor schon jemand einen Screenshot angefertigt haben. Deshalb ist ein sorgfältiger Umgang mit Neuen Medien geboten. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass Informationen „unter uns“ bleiben. Ist ein Beitrag im Netz, verliert der bzw. die Sendende die Kontrolle darüber.

Jede Form der Öffentlichkeitsarbeit erfordert strategische Planung. In den sozialen Medien kommt einer klaren inhaltlichen Ausrichtung bzw. einem klaren Rahmen jedoch eine besondere Bedeutung zu. Sie sind so schnelllebig, dass nicht jede Äußerung abgesprochen werden kann. Deshalb ist es für die Öffentlichkeitsarbeit über soziale Medien sinnvoll, sich innerhalb des Gremiums über die Umgangsformen zu verständigen. Was auf diesem Weg beschlossen ist, sollte in Richtlinien festgehalten sein, die kommuniziert werden können und für alle verbindlich sind. Das schafft Klarheit nach außen und auch innerhalb des Gremiums, beispielsweise im Umgang mit negativen Äußerungen. Zu einer guten Strategie gehört aber auch die Beobachtung. Einfach etwas auf Facebook zu stellen und sich dann eine Woche lang nicht mehr einzuloggen, kann ernsthafte negative Folgen haben. Kritische und für den Betriebsrat unbequeme Kommentare können jederzeit geäußert werden und sich potenziell zu einem Shitstorm entwickeln, der dem Image des Betriebsrats nachhaltig schaden kann. Wenn aber der Betriebsrat rasch auf Kritik oder Vorwürfe antwortet, kann sich daraus eine konstruktive Diskussion entwickeln, die Vorteile für alle Beteiligten bringt.

Über die Gewerkschaft vernetzt

 Wenn die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft gut läuft, wenn das Feedback positiv ist, wenn es keine Beschwerden wegen fehlender Transparenz oder Information vorgebracht werden, wenn es keine Gerüchte und Vorwürfe gibt, sollte der bestehende Weg weitergegangen werden. Wenn das aber nicht der Fall ist und der Betriebsrat die Belegschaft oder einen Teil davon nicht erreicht, sollte in der Kommunikation etwas geändert werden. Neue Medien können dabei sehr nützlich sein und kein Betriebsrat sollte sich davor fürchten, etwas Neues auszuprobieren. Über die Gewerkschaft sind Betriebsräte miteinander vernetzt und haben die Gelegenheit, Wissen über Neue Medien auszutauschen, Erfolgskonzepte kennenzulernen und von den Erfahrungen anderer – und bestenfalls auch aus deren Fehlern – zu lernen.

Mehr Informationen:
Der VÖGB bietet für Betriebsräte sowohl Seminare zur Gestaltung von Zeitungen, Plakaten und Flyern an als auch zum Umgang mit Websites, Blogs, Facebook und Co:
www.voegb.at

Tipps für Betriebsräte

  • Zielgruppen definieren
  • die richtigen Kanäle wählen
  • einen Plan entwickeln
  • neue Formate ausprobieren
  • Reaktionen beobachten
  • Gesetze und Regeln einhalten
  • von anderen Betriebsräten lernen