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Früherkennung von Krisen

Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, eine Krise schon in ihrem Anfangsstadium zu erkennen. Gerade "die" Zeit ist ein wichtiger Faktor um die bevorstehenden Auswirkungen einer Krise, wenn schon nicht verhindern zu können, so diese vielleicht in ihrer Auswirkung zu mindern.

Zu einer Unternehmenskrise zählen nicht die saisonalen Schwankungen - solche Schwankungen kennen fast alle österreichischen Betriebe. Eine gleichmäßige Auslastung der Betriebe über das Jahr gesehen, wird in den seltensten Fällen gegeben sein. Daher ist es Aufgabe der Unternehmen, diese zu berücksichtigen und somit nicht zum Anlass zu nehmen um damit die ArbeitnehmerInnen unter Druck zu setzen. Trotzdem haben wir uns entschlossen sie in dieser Abhandlung aufzunehmen und Betriebsrätnnen Möglichkeiten aufzuzeigen, dem entgegen zu wirken.

Zur frühzeitigen Erkennung der drei Krisenarten sind verschiedene Parameter ausschlaggebend.

Strategische Krise:

Die erste Stufe einer Unternehmenskrise ist die Strategiekrise.
Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass eine strategische Krise schwer erkennbar ist. Gerade weil der Beginn einer Strategiekrise noch nicht anhand von Zahlen messbar ist, weil noch keine Auswirkungen im Rechnungswesen erkennbar sind, ist der Kontakt mit den MitarbeiterInnen in den verschiedensten Abteilungen sehr wichtig. Strategiekrisen werden vor allem durch innerbetriebliche Fehlentscheidungen hervorgerufen und sind die Vorstufe zur Ertragskrise und in weiterer Folge der Liquiditätskrise. Die Auslöser einer Strategiekrise können verschiedenste Ursachen haben. Interne Fehlentscheidungen oder außerbetriebliche Ursachen sind die beiden größten Verursacher.

Ursachen, die eine Strategiekrise auslösen können:

  • Vernachlässigung der strategischen Ausrichtung,
  • fehlende Planung,
  • Vernachlässigung von Forschung & Entwicklung,
  • Organisationsmängel,
  • Fehlinvestitionen,
  • hohe Lagerbestände,
  • zu rasches Wachstum,
  • ungenügende Branchenkenntnis,
  • Kalkulationsfehler,
  • geänderte Marktlage, Substitution der Produkte,
  • Konkurrenzsituation,
  • Preisanstieg der Vorleistungen,
  • steigende Kreditzinsen, 
  • Ausfall von Lieferanten, 
  • Insolvenz wichtiger Kunden,
  • Krisen, Kriege in Absatz- oder Bezugsländern.


Gerade BetriebsrätInnen sollten im Unternehmen durch regelmäßige Rundgänge und Gespräche mit den MitarbeiterInnen aus den verschiedensten Bereichen, für alle Vorgänge die auf eine beginnende Krise hinweisen, sensibilisiert werden. Einige Beispiele dazu:

  • Die Lieferanten beginnen nur mehr bei gleichzeitiger Bezahlung zu liefern;
  • Ein Ansteigen der Lagerbestände kann ein Anzeichen dafür sein, dass eine verfehlte Lagerpolitik betrieben wird oder dass es Schwierigkeiten beim Absatz der Produkte gibt;
  • Versäumte Liefertermine weisen auf Logistikprobleme oder Mängel in der Produktion hin.

Diese Beispiele zeigen wie wichtig eine Vernetzung des Betriebsrates mit den verschiedenen Abteilungen im Unternehmen ist, um so frühzeitig Informationen über Veränderungen im Betriebsablauf zu erkennen.

Je früher eine Krise erkannt wird, desto mehr Zeit hat der Betriebsrat, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen zu verhindern.
Eine rechtzeitige Analyse ist wichtiger als die darauffolgende Therapie. Denn je früher eine Krise erkannt wird, desto mehr Zeit hat der Betriebsrat auch geeignete Maßnahmen zu planen und umzusetzen.

Ertragskrise

In diesem Stadium wird der Faktor "Zeit" merkbar geringer. Zum ersten Mal werden auch die Auswirkungen einer Krise in den "Zahlen" erkennbar.

Indikatoren einer Ertragskrise können sein:

  • sinkende Produktivität,
  • Rückstellungsauflösungen,
  • Anlagenverkäufe und Rücklagenauflösungen,
  • brachliegende Kapazitäten,
  • vermehrte Preisnachlässe.

Eine Ertragskrise kann anhand der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und der Kostenrechnung erkannt werden. Der Betriebsrat hat das Recht, unaufgefordert von der Firma nach ArbVG § 108 (3) spätestens einen Monat nach der Erstellung, eine Abschrift des Jahresabschlusses mit dem Anhang übermittelt zu bekommen.

Durch die zuständige Arbeiterkammer besteht die Möglichkeit diesen Jahresabschluss bewertet und erklärt zu bekommen. Anhand dieser Analyse können durch weitere Beratungen Maßnahmen getroffen werden.

Liquiditätskrise

In dieser Phase kann man von einer Früherkennung nicht mehr sprechen. In diesem Stadium wurden die vorhandenen Anzeichen einer beginnenden Krise nicht beachtet. Der Faktor "Zeit" ist auf ein Minimum zusammengeschmolzen. Um entsprechend handeln zu können sind laufende Finanzpläne unumgänglich, damit alle kommenden Ein- und Auszahlungen des Unternehmens erfasst werden können und um entstehende Lücken erheben zu können.

Um einer Liquiditätskrise zu entgehen, bestehen folgende Möglichkeiten:

  • Gesellschafterzuschüsse durch die Eigentümer,
  • Kapitalerhöhung durch die Eigentümer,
  • Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen,
  • Sale- and- lease- back- Finanzierungen,
  • Zuschüsse der öffentlichen Hand.

Sind diese Möglichkeiten erschöpft oder nicht vorhanden, besteht nur mehr ein Forderungsverzicht der wichtigsten Gläubiger oder ein Verkauf des Unternehmens an zahlungskräftige Gesellschafter des Unternehmens als Ausweg zur Verfügung, um das Unternehmen zu retten und damit negative Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen in Grenzen zu halten. Dem Betriebsrat stehen jetzt nur mehr beschränkte Maßnahmen zur Verfügung mit denen er Schaden für die MitarbeiterInnen mindern oder abwenden kann:

  • Urlaub soll konsumiert werden,
  • Schichten entfallen, 
  • keine Überstunden,
  • Kurzarbeit andenken.

Alle anderen Maßnahmen liegen nicht mehr im grundsätzlichen Einflussbereich des Betriebsrates.